Es nähert sich der dritte Freitag im November und damit … na, wer hat die Überschrift gelesen? … der diesjährige Vorlesetag. Das ist schon der 12. Freitag in den letzten Jahren, an dem kleinen und großen Menschen Geschichten vorgelesen werden. Es lesen natürlich mehr große Menschen vor und es hören mehr kleine Menschen zu. Und es hören mehr Menschen zu als Menschen vorlesen. Das ist so die Natur der Sache, soweit alles klar.
Aktuell haben sich auf der Webseite des Vorlesetages 98.291 VorleserInnen registriert. Den Initiatoren Die Zeit, Stiftung Lesen und Deutsch Bahn Siftung zufolge werden ihnen über zwei Millionen Menschen lauschen, also rund 20 pro VorleserIn. Interessierte, die ebenfalls noch vorlesen möchten, können sich noch flugs registrieren, dann wird in diesem Jahr vielleicht die 100.000-VorleserInnenmarke geknackt. Das wäre ja mal was. Wer das machen möchte, sollte tagsüber Zeit und auch einen Veranstaltungsort in petto haben. Notfalls kann auf der Webseite geholfen werden, denn dort wird auch in diesem Jahr wieder versucht, VorleserInnen und Orte zusammenzubringen.
Drei Vorlesehauptstädte werd dieses Jahr ebenfalls gesucht, wobei mit Stadt Gemeinden gemeint sind. Ermittelt werden die aktivste, öffentlichkeitswirksamste und außergewöhnlichste Vorlesehauptstadt. Am aktivsten ist die Ortschaft, die die meisten Vorleseaktionen im Verhältnis zu den Einwohnern (Basis ist die statistische SENSUS-Ermittlung) vorweisen kann. Die öffentlichkeitswirksamste Vorlesestadt muss hinbekommen, alle Verlagshäuser und Medien des Ortes für die Aktion zu begeistern und so eine öffentliche Wahrnehmung für den Vorlesetag hinzubekommen, dass jeder Depp und Smombie (Jep, ich versuche, das diesjährige Jugendwort etwas bekannter zu machen. Gemeint ist der Smartphonezombie) raffelt, dass Vorlesetag ist. Die außergewöhnlichste Vorlesehauptstadt braucht ein ortsweites Motto und außergewöhnliche Vorleseaktionen. Die Inititiatoren schlagen beispielsweise eine Unterwasserlesung vor. Unterwasserlesungen finde ich persönlich sehr ungewöhnlich, denn ich selbst würde nur kurz blubbern, bevor mir die Luft ausgeht.
Der Vorlesetag wurde ins Leben gerufen, weil jedem dritten Kind in Deutschland zuhause nicht vorgelesen wird. Studien zufolge fehlen diesen armen Kindern zentrale und wichtige Impulse für positive Entwicklungen, die im Zusammenhang mit dem Vorlesen nachweisbar sind. Zu denen zählen ein deutlich größerer Wortschatz als Gleichaltrige ohne Vorleseerfahrung, bessere Noten in der Schule und mehr Spaß am Selbstlesen und im Umgang mit Texten. Kinderchen, denen vorgelsen wird, sind wohl auch häufiger darum bemüht, andere in die Gemeinschaft zu integrieren und haben einen besser ausgeprägten Gerechtigkeitssinn.
Der Vorlesetag soll natürlich nur auf das Vorlesen und die damit verbundenen Freuden und Chancen aufmerksam machen. Vorlesen selbst sollte am besten täglich stattfinden, denn nur einmal im Jahr Vorlesen ist ganz schön mau und fördert Wortschatz, Integritätsbemühungen und Gerechtigkeitssinn nicht so wirklich.