Wie gut macht sich der PocketBook pro 902 im Alltag? Wie gut lässt er sich bedienen und was taugt er als Lesegerät? Ich habe ihn mehrere Bücher lang getestet.
Lesen
Die wichtigste Funktion eines E-Book-Readers ist das Lesen. Und mit dem PB 902 wird es zur Freude. Aufgrund des großen E-Ink-Displays lassen sich Bücher angenehm schmökern, ohne die Augen zu ermüden. Das Display ist groß genug, dass auch Fachbücher im PDF-Format mit einem breiten Rand gut lesbar sind, ohne die Zoomfunktion strapazieren oder durch eine Seite scrollen zu müssen.
Mit dem großen Display sind Fachbücher im pdf-Format ohne Zoomen lesbar
Der PocketBook 902 eignet sich vor allem zum Lesen in heimischen, oder zumindest ungestörten Umgebung, in denen einem keine anderen Menschen zu dicht auf die Pelle rücken können. Wer das Gerät vor allem nutzen möchte, um in öffentlichen Verkehrsmitteln zu lesen, ist mit einem kleinen E-Book-Reader besser beraten. In den plagereichen Öffentlichen Berlins ist ein E-Book-Reader mit dem Format des PB 902 kein Vergnügen. Es ist in den vollgestopften Bahnen nahezu unmöglich, in Ruhe zu lesen. Auch beim häufigen Umsteigen, wo ein kleines Gerät schnell in die Tasche gesteckt ist, erwies sich der PB 902 als eher unpraktisch.
Beim Blutspendetest, ein Arm mit einer fetten Kanüle in der Beweglicheit eingeschränkt, zeigte es sich, dass sich der E-Book-Reader mit beiden Händen passabel bedienen lässt. Mit der rechten Hand geht es meiner Meinung nach leichter, aber das ist sicher eine Frage der Übung.
Die Bibliothek
Vor jedem Öffnen eines neuen Buches hat PocketBook die Bibliothek gesetzt. die in die Bereiche Files, Bookland und Bibliothek unterteilt ist. Files listet Inhalte nach Dateinamen auf, Bookland bietet Zugriff auf einen Online-Bereich und setzt eine aktive Verbindung voraus. Die Bibliothek bietet die Möglichkeiten, Bücher über Favoritenlisten, Genre oder Formate auszuwählen.
Bibliothek Files
Die Kategorie »Files« ist so konzipiert, dass Bücher im internen Speicher und/oder auf der MicroSD-Karte angezeigt werden. Dass sich einzelne Speicherbereiche bei Bedarf ausblenden lassen, kann bei umfangreichen Bibliotheken durchaus vorteilhaft sein kann. Überhaupt nicht vorteilhaft sind lange Verzeichnislisten im linken Displaybereich, rechts werden die in Ordnern enthaltenen Bücher aufgelistet. Bei den vorherigen PocketBook-Modellen waren Inhalte in Reiter unterteilt, so dass LeserInnen in Zehner-Schritten vorankamen. Das ist jetzt vorbei. Die Verzeichnisse werden von oben nach untern durchblättert, was bei vielen Verzeichnissen enorm lange dauern kann.
Lange Verzeichnislisten sind nicht so schnell durchzublättern, aber trotzdem übersichtlich
Bibliothek Bibliothek
Die Bibliothek in der Bibliothek greift auf eine Sqlite-Datenbank zurück, in der der PocketBook 902 verschiedene Informationen zu einzelnen Büchern ablegt. Dazu zählen anderem AutorIn, Speicherort, Format, Größe und eine Verschlagwortung, was in der Bibliothek wohl als Genre betitelt wird. Richtig hilfreich sind die Funktionen noch nicht, denn Genre etc. werden anscheinend aus den Dateien gezogen und sind so oftmals nicht vorhanden oder wenig aussagekräftig. Hier sollte Anwendern etwas zur Verfügung gestellt werden, um die Bibliothek nach eigenen Kriterien ordnen und eigene Tags vergeben zu können, denn es fehlt z.B. eine Auswahlmöglichkeit der Sprache, es fehlt das Jahr der Publikation, Schlagworte zu den Büchern, AutorInnen etc. Während des Tests habe ich mehrmals versucht, mich mit der Bibliothek anzufreunden, immer vergebens.
Bibliothekarisches Chaos: es ist nicht einfach, sich in der Bibiothek gut zurecht zu finden
Die Bibliothek zieht ihre Daten aus einer Sqlite-Datenbank
Bookland
Beim Bookland handelt es sich um Pocketbooks E-Book-Store, der mit mehreren Tausend Titeln in 54 verschiedenen Sprachen gefüllt ist, wobei auf manche Sprachen oft nur ein Titel entfällt. Viele E-Books können kostenlos heruntergeladen werden, sie werden ohne weitere Nachfrage im Hauptverzeichnis des PocketBook 902 gespeichert.
Beim Bookland fällt auf, dass es noch nicht vollständig loakalisiert ist. Die Kategorien kommen ausschließlich in Englisch daher, auch Satzgruppen wie “Wählen Autor” lassen vermuten, das PocketBook noch an Bookland arbeitet. Es ist nicht auf den ersten Blick erkennbar, wie viele Titel eine Kategorie und deren Subkategorien enthalten, hier haben LeserInnen nur die Möglichkeit, sich durchzublättern oder ihr Glück über die Namen der AutorInnen auf die Probe zu stellen. Eine Suche nach Titeln oder Preisen ist nicht möglich, die automatische Bildschirmorientierung funktioniert im Bookland nicht.
In PocketBooks Bookland findet sich Lesefutter in vielen Sprachen
Inhaltsverzeichnis
Ist ein Buch geöffnet, lässt sich durch Drücken der »Buchtaste« ein Inhaltsverzeichnis aufrufen. Eine tolle Funktion, mit deren Hilfe sich prima prüfen lässt, ob ein Kapitel bald geschafft ist bzw. ein Kapitel schnell angesteuert werden kann, denn die im Inhaltsverzeichnis eines Buches angegebenen Seitenzahlen stimmen oft aufgrund vorweggenommener Angaben wie Verlag, Auflage, Vorwort etc. oft nicht mit denen des E-Books überein. Dank des Inhaltsverzeichnisses bleibt es LeserInnen erspart, die Differenz der Seiten im Buch auf die Seitenzahl des E-Book aufzuschlagen, das jede Seite gleich zählt.
Dank Inhaltsverzeichnis lassen sich Kapitel mit wenigen Klicks ansteuern
Schnellmenü
Durch das Drücken des OK-Buttons wird ein größeres Schnell-Menu aufrufen, das Funktionen wie Text-to-Speech, Volltextsuche, Wörterbuch, Zoomen, Lesezeichen und ein direktes Ansteuern von Seiten beherbergt. Wird eine Funktion oft genutzt, ist es eine Überlegung wert, sie auf die Zweit- oder Drittbelegung einer Taste zu legen (Hauptmenu -> Konfiguration -> Tastenkonfiguration), um so zukünftig den Umweg über das Menu zu umgehen. In einigen E-Book-Formaten lässt sich die Größe der Schrift schnell mit Hilfe der seitlichen Wippschalter anpassen, so dass auch LeserInnen mit eingeschränkter Sehkraft das Gerät gut nutzen können.
Schnell ans Ziel mit dem Schnell-Menü
Vorlesefunktion
Die im PB 902 integrierte Vorlesefunktion liest zwar vor, aber das Zuhören ist kein Vergnügen. Die Computerstimme ist gut verständlich, peitscht aber Satz für Satz durch und macht häßliche Pausen. Selber lesen macht eindeutig mehr Spaß. Die Lautstärke lässt sich nur über das Menu der Vorlesefunktion ändern, die dafür am Gerät vorgesehenen Tasten funktionierten wider Erwarten nicht.
Die Computervorleserin ist gut verständlich, betont aber oll
Wörterbuch
Der PB 902 kommt mit mehreren Wörterbüchern, die sich gerade bei fremdsprachigen Texten als hilfreich erweisen. Je nach E-Book-Format müssen einzelne Wörter manuell eingegeben (pdf) oder können direkt im Text (z.B. epub) angesteuert werden, die Übersetzung erscheint recht flink im Wörterbuch. Bei der direkten Ansteuerung werden auch einzelne Silben übersetzt, so dass hier darauf zu achten ist, den Cursor am Wortanfang zu positionieren.
Wörterbücher erlauben es, unbekannte Vokabeln aus dem Text heraus nachzuschlagen
Notizen und Lesezeichen
Wie auch schon die Vorgängermodelle erlaubt es auch der PB 902, während des Lesens Notizen anzulegen. Diese werden als Grafik im bmp-Format gespeichert und in einer HTML-Datei eingebettet, was eine weitere automatische Verarbeitung schwierig macht. Lesezeichen, pro Buch sind 30 davon möglich, können ebenfalls hilfreich sein, um eine interessante Stelle im Buch schnell wieder zu finden. Sofern keine Taste mit der Funktion belegt wurde, werden auch sie über den entsprechenden Punkt im Schnellmenü erzeugt. Sowohl Notizen als auch Lesezeichen lassen sich im Hauptmenu unter dem Punkt Notizen schnell aufrufen. Dort werden sie unter den zugehörigen Buchtiteln aufgelistet.
Notizen halten Interessantes im bmp-Format fest
Links in HTML-Dateien
Die in HTML-Dateien enthaltenen Links kann der PocketBook pro 902 problemlos auswerten. Handelt es sich ausschließlich um lokale Verweise, kann mit deren Hilfe grandios in umfangreichen elektronischen Dokumentationen navigiert werden. Besteht eine Internetverbindung, werden gar www-Links verfolgt.
PocketBook pro 902, Teil 1: Ausstattung und Bedienung
PocketBook pro 902, Teil 3: Sonstige Funktionen und Fazit